Kommunalwahl in Sachsen
Das einzig Positive am Ergebnis der Kommunal- und Bürgermeisterwahlen am vergangenen Wochenende in Sachsen ist, dass es die AfD nicht geschafft hat, auch nur einen Landkreis an sich zu reißen. Aber das ist auch schon alles.
Die Ergebnisse sprechen leider wieder für sich: ein Großteil der Sachsen hat wieder konservativ bis rechtsextrem gewählt. Nun müssen wir uns fragen: Warum?
Die Ursachen dafür sind vielseitig und, nein, es mangelt in Sachsen nicht an Initiativen oder Aktivisten*innen die etwas dagegen tun möchten.
Aber – und das wird dem einen oder anderen jetzt sicher nicht schmecken – es mangelt an Politiker:innen, bzw. politischen Vertreter:innen, mit denen die Menschen sich identifizieren können, die greifbar für sie sind. Das führt auch dazu, dass am Wochenende die Wahlbeteiligung durchweg unter 50% lag. Anders ausgedrückt: weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten haben von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht.
Genau diese Problematik macht sich Rechtsaußen zunutze.
Das Beispiel “Freie Sachsen” zeigt es wohl am deutlichsten: praktisch aus dem Nichts kam die Partei im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge auf 10,5%. Nicht viel, aber 10,5%, die eine Partei gewählt haben, deren Anhänger seit Monaten unsere Verfassung mit den Füßen treten. Wie ist es dazu gekommen? Mit Andreas Hofmann, alias DJ Happy Vibes hatte man einen Kandidaten aufgestellt, der extrem vielen Menschen aus dem Radio bekannt war (wo er längst nicht mehr zu hören ist). Eine Person, für die viele Menschen Sympathie hegen, da sie die Menschen jahrelang auf dem Arbeitsweg oder durch die Nacht begleitet hat, bis es durch seine Zusammenarbeit mit Pegida zum Zerwürfnis mit dem regionalen Radiosender kam.
Es sind aber nicht immer solche Zugpferde, die jedem bekannt sind. Sehr oft profitieren die Rechten einfach von der Situation der Menschen, die sich gerade im ländlichen Raum oder an den Stadträndern abgehängt und vergessen fühlen. Denn anders als in den Großstädten wie Dresden, Leipzig und Chemnitz gibt es auf dem Land keine große parteipolitische Vielfalt und auch keine Ansprechpartner vor Ort.
Die CDU-Kandidaten zehren bis heute von den Nachwende-Erfolgen und allein dadurch schafft es die Partei auch immer wieder im Amt zu bleiben. Mehr Alternativen als die Rechtsaußen-Parteien haben die Bürger praktisch nicht.
Schauen wir doch mal in die kleineren Gemeinden: Wer sitzt dort mit am Stammtisch oder wer hilft, wenn Jugendclubs Gelder brauchen? Wer ist auf jeder noch so kleinen Veranstaltung zugegen? Neben einzelnen Vertretern der CDU sind es immer – und darauf kann man sich verlassen wie auf den Beginn eines neuen Tages – die Vertreter aus dem rechtsextremen Spektrum. Allein zur Bürgermeisterwahl in Dresden waren es von insgesamt neun Kandidaten drei, die diesem Spektrum zuzuordnen sind und die vor allem an den Rändern der Stadt ihre Stimmen geholt haben, wo sich selten ein Kandidat einer anderen Partei hin verirrt.
Marcus Fuchs zum Beispiel hat im Bereich Schönfeld Weißig 5,7 %, Langebrück 3,9 % oder Schönborn 7,3 %. Warum? Weil er vor Ort war. Er hat mit seinem Wahlkampf genau diese Ecken aufgesucht und für Menschen, die nicht unbedingt wissen, dass er der Leiter von Querdenken Dresden ist, führt das eben dazu, dass man ungewollt einen Feind der Demokratie wählt. Denn eins können diese Typen alle: mit schönen Worten den Leuten genau das bestätigen, was sie denken.
Wer jetzt sagt, so unaufgeklärt kann man doch gar nicht sein, der sollte versuchen, sich in diese Menschen hinein zu versetzen. Es sind Menschen, die sich in ihren Dörfern oder Kleinstädten von der Politik vergessen fühlen. Menschen, die 30 Jahre nach den Wende immer noch deutlich weniger verdienen als ihre Kolleg:innen in den alten Bundesländern. Menschen, die vor vollendete Tatsachen gestellt werden, ohne dass jemand mit ihnen darüber spricht oder versucht, es ihnen zu erklären. Menschen, die sehen, dass für die Wirtschaft alles gegeben wird, aber sie dabei vergessen werden. Außerdem gibt es dann noch die, die auf kommunaler Ebene Veränderungen wollen, aber für die keine Kandidat:innen antreten. Außerhalb der Ballungszentren ist sowohl von den Parteien, als auch von den politischen Jugendorgas wenig zu sehen und zu hören.
Die Aufzählung könnte man unendlich fortführen. Jedoch führt das alles zu nichts, wenn die Menschen, die es in der Hand haben, nichts ändern und das sind nun einmal die Vertreter:innen der demokratischen Parteien. Das demokratische Spektrum endet im ländlichen Raum eben meist bei der CDU als Vertreterin konservativer Politik. Und man muss sich nichts vormachen: Genau diese CDU baut auf kommunaler Ebene die Mauer gegen Rechts extrem niedrig, um damit Initiativen und Bewegungen zu lähmen, die für einen echten politischen Umschwung stehen könnten, dazu aber an anderer Stelle mehr.
Politik in Sachsen sollte langsam lernen, dass es nicht nur auf schöne Slogans ankommt, sondern auf den Kontakt zu den Menschen. Politik muss für die Bürger:innen greifbar sein und verstanden werden. Eins der leuchtenden Beispiele hierfür ist Nico Dittmann, der Bürgermeister aus Thalheim, der unter anderem mit Aktionen wie “Machen statt Meckern!” seine Stadt und ihre Bürger:innen eingebunden hat.
Er schaffte es 2020, als parteiloser Kandidat mit 97,4% wiedergewählt zu werden.
Klar ist das Konzept aus Thalheim nicht überall umsetzbar, aber es kann als Vorlage dienen und wird später auch sicher Auswirkungen auf Landes- und Bundesebene haben!
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