Gedenken ist nicht gleich Gedenken
Der 13.Februar steht wie kein anderer Tag in der Geschichte für das Leid, das der Stadt Dresden im 2. Weltkrieg widerfahren ist und über den es immer wieder die meisten Falschinformationen und Diskussionen gibt.
Wir wollen in diesem Artikel versuchen, das Ganze so rüberzubringen, dass jede*r in Dresden und auch die Menschen von außerhalb verstehen, warum dieser Tag so instrumentalisiert wird und warum dieser auch immer wieder zu Diskussionen zwischen Bürgerlichen und Linken führt.
Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, Kundgebungen und Aktionen rund um diesen Tag. Die Stadt selber schmückt sich Jahr für Jahr mit einer Menschenkette um die Altstadt, die 2010 eilig in Reaktion auf die Blockade Aufrufe des “Bündnis Dresden-Nazifrei” ins Leben gerufen wurde, um sie an diesem Tag vor dem Missbrauch durch Menschen aus dem Rechtsaußen-Spektrum zu schützen.
Dies ist an sich ein wundervolles und schönes Zeichen, aber auch an diesem Zeichen gibt es eine berechtigte Kritik.
Als erstes ist daran zu kritisieren, dass es, damit es eben ein Zeichen von allen ist und auch die Masse an Menschen angezogen wird, völlig egal ist, wer in der Kette steht. Man toleriert dabei auch, dass die strammen Jungs und Mädels von Rechtsaußen mitten unter dem bürgerlichen Publikum ihre Meinung kundtun.
Zweitens findet diese Menschenkette meistens genau dann statt, wenn keine Gefahr besteht, dass dem Opfermythos gehuldigt wird. Die AfD und Ihre Anhänger*innen beginnen zum Beispiel immer dann mit ihrer Kranzniederlegung und den Demonstrationen, wenn die Menschenkette schon vorbei ist und die Menschen schon lange den Platz verlassen haben. Dabei ist es schon absurd, dass diese Kranzniederlegungen überhaupt stattfinden können, da nach sächsischem Versammlungsgesetz Folgendes geregelt ist:
(zu § 15 Abs. 2 Satz 4)
- Das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig umfasst in nordöstlicher Richtung die Prager Straße, in nordöstlicher und südwestlicher Richtung jeweils die Grenze zum Südfriedhof und in nordwestlicher Richtung das östliche Teilstück des Friedhofs Weges und das östliche Teilstück der Straße An der Tabaksmühle sowie das von diesen umschlossene Gebiet.
- Die Frauenkirche mit dem Neumarkt in Dresden umfasst die Plätze An der Frauenkirche und Neumarkt sowie die Straße An der Frauenkirche.
- Die nördliche Altstadt und die südliche innere Neustadt in Dresden umfassen den Theaterplatz, den Schloßplatz, die Augustusbrücke, den Neustädter Markt, die Köpckestraße, den Carolaplatz, die Carolabrücke, die St. Petersburger Straße zwischen Carolabrücke und Pirnaischem Platz, den Rathenauplatz, den Pirnaischen Platz, die westliche Seite der Ringstraße bis zum Rathausplatz, die unmittelbar am Rathaus verlaufende Stichstraße nördlich des Dr.-Külz-Ringes, die Pfarrgasse und den sich anschließenden Teil der Straße An der Kreuzkirche bis zum Altmarkt, den Altmarkt, die Wilsdruffer Straße, den Postplatz, die Sophienstraße und das von diesen umschlossene Gebiet.
Demnach ist unter anderem der Altmarkt ein Ort von historisch herausragender Bedeutung und somit dürfen dort keine Kundgebungen und Veranstaltungen von Gruppen, Organisationen und Vereinen stattfinden. Jedoch wird jedes Jahr aufs Neue der AfD dieser Platz zur Verfügung gestellt. Bereits 2019 legt die AfD einen Kranz nieder, mit der Aufschrift „Den zivilen Opfern des alliierten Bombenterrors im stillen Gedenken“, auch glänzt diese Partei immer wieder durch Verharmlosung des 3. Reiches!
Zitat von Gauland, welches uns allen noch im Ohr ist:
„Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“
3. Die tatsächlichen Naziaufmärsche sind nur selten am 13. Februar, weil die strammen Jungs eben sehr an ihren Ausflügen am Wochenende hängen, um das Maximum an Mobilisierung auf die Straße zu bringen.
Tatsächlich verbreitet man also mit der Menschenkette nur das Gefühl, dass man irgendetwas bewegt hätte, ohne es tatsächlich getan zu haben. Es kann eben kein Zeichen geben, wenn tatsächlich niemand daran gehindert wird, solche Aktionen, wie vom Rechtsaußen-Spektrum und AfD durchzuführen.
- Auch gibt es an vielen anderen Aktivitäten der Stadt Dresden rund um den 13. Februar ähnliche Kritikpunkte.
Der größte ist und bleibt aber immer wieder die Relativierung von Opfern und Tätern. Warum gedenkt man den Opfern des Bombenangriffs, warum gedenkt die Stadt Dresden nicht den Opfern des NS-Regimes? Damit würde sie die vielen zivilen Toten einschließen und auch die abertausenden Menschen, die vom Regime verschleppt und ermordet wurden.
Dresden ist und war keine unschuldige Stadt, nicht ohne Grund war Dresden Vorreiter für die erste Bücherverbrennung, am 8. März 1933 fand diese bereits statt, in allen anderen Städten erst später. Auch gab es in Dresden eine Vielzahl von Außenlagern der KZ, Beispiele:- Außenlager Goehle-Werk (Riesaer Straße 32, 01127 Dresden)
- „Entbindungslager“ Kiesgrube Dresden (Hammerweg)
- Außenlager Hellerhof/SS-Pionier-Kaserne
- Konzentrationslager Flossenbürg: Außenlager Dresden Reick (Mügelner Straße 40, 01237 Dresden)
- Frühes Konzentrationslager im Gefängnis Münchner Platz in Dresden bis April 1933
Dies ist nur ein kleiner Auszug. Wer sich einen Gesamteindruck machen möchte, klickt bitte hier: https://www.gedenkplaetze.info/konzentrationslager-und-ihre-aussenlager/aussenlager-dresden-behelfsheim
Dieser kleine Auszug zeigt schon alleine, dass Dresden nicht so unschuldig ist, wie dargestellt. Auch befand sich in Dresden der Ausweich-Befehlsstand der Höheren SS und Polizeiführer, welche nach den Bombenangriffen in die Bunkeranlage Steinbruch Mordgrundbrücke eingezogen sind.
Schon allein wegen dieser kleinen historischen Rückschau wäre es wünschenswert, wenn die Stadt Dresden sich mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzt und am 13. Februar eben nicht Täter und Opfern zugleich gedenkt, sondern nur allen Opfern des NS-Regimes.
Dresden hat erfreulicherweise auch Gruppen und Organisationen, die den 13. Februar anders angehen, bei der Aufzählung geht es hier nicht um Wertung der Wichtigkeit und auch auf die Vollständigkeit kann keine Gewähr geben werden. Jedoch sind das Aktionen, die im Gedächtnis bleiben und jedes Jahr immer wiederkehren.
Als erstes ist dabei hervorzuheben der “Mahngang Täterspuren“, der Jahr für Jahr durchgeführt wird und leider viel zu wenig Beachtung findet, trotz seiner extremen Wichtigkeit, denn er setzt sich mit der Geschichte auseinander. Er tut das, was die ganze Stadt an diesem Tag machen sollte!
Das Prekäre an der Sache ist, welche Steine diesem Mahngang in den Weg gelegt werden, so wurde z. B. der erste Mahngang am 11.2.2011 verboten.
Im Jahr 2011 erließen die städtische Versammlungsbehörde und die Polizei Dresden ein später gerichtlich für rechtswidrig erklärtes Trennungsgebot, was alle Veranstaltungen südlich der Elbe für progressive Demonstrationen untersagte.
Der Mahngang wurde faktisch verboten, die südlichen Stadtviertel mit der Altstadt wurden für einen Neonaziaufmarsch freigehalten.
Lediglich die Menschenkette, die schon erwähnt wurde, durfte in der Altstadt abgehalten werden.
Der Mahngang wurde als antifaschistische Demonstration an diesem 13. Februar 2011 geboren. Bis 2017 ging er immer am 13. Februar mit dem Mahngang auf die Straße, später dann an den Wochenenden davor oder danach.
Auch gibt es jedes Jahr direkt angrenzend an die Kranzniederlegungen der AfD verschiedene Kundgebungen, die diesen widersprechen. Leider ist es hier so, dass die Menschen, die manchmal nur eine Stunde vorher noch bei der Menschenkette waren, an dieser Stelle fehlen und die AfD mit ihrem Anhang gewähren lassen. Trotzdem stellen sich Jahr für Jahr mutige, aufrichtige Menschen dem entgegen.
Die Naziaufmärsche, die Jahr für Jahr rund um den 13. Februar die Pilgerstätte für jeden Rechtsextremen aus ganz Deutschland, manchmal auch Europas werden, bekommen schon immer etwas entgegengesetzt. Seit 2023 finden die Absprachen aus einem breiten Spektrum von Organisationen und Akteuren unter dem Label “Dresden widersetzt sich”, welches als Nachfolge-Bündnis von “Dresden Nazifrei” einzuordnen ist.
Auch an dieser Stelle ist und wäre eine breite Unterstützung von Seiten der Stadt wünschenswert und auch der Zulauf aus dem Spektrum von CDU und FDP, denn aus reiner Symbolik seine Stadt mit einer Menschenkette zu schützen, aber wenns drauf ankommt nicht da zu sein, ist leider völlig vorbei am Sinn der Sache.
Wenn auch ihr euch aktiv an den Protesten gegen Rechts engaieren wollt, findet ihr zum
13. Februar viele Informationen unter Dresden Nazifrei – Dresden stellt sich quer (dresden-nazifrei.com)